Verstehen, Vernetzen, Verwurzeln - Die post-sozialistische Erinnerungslandschaft in Südthüringen
Ein Projekt des Heimatbund Thüringens e. V. und des Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Am 1. September 2021 startete ein neues Projekt des Heimatbund Thüringen e.V., das gemeinsam mit dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur durchgeführt wird. Das Projekt Verstehen, Vernetzen, Verwurzeln – Die post-sozialistische Erinnerungslandschaft in Südthüringen zielt darauf ab, in der Region Südthüringen außerschulische Bildungsformate für junge Menschen zu entwickeln, in denen diese sich mit der DDR und deren Spuren und Nachwirkungen im Heute auseinandersetzen.
Ausgehend vom Motiv der Geschichtsbewegung der 1980-er Jahre „Grabe, wo du stehst“ suchen die Jugendlichen vor Ort Erinnerungsspuren der Vergangenheit, denn selbst drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung Deutschlands sind die Folgen der europäischen und deutsch-deutschen Teilung, insbesondere im ländlichen Raum und ehemaligen Grenzsperrgebiet, noch deutlich wahrnehmbar. Die DDR scheint weit weg für die jungen Menschen in Südthüringen. Das soll mit dem Projekt geändert werden. Denn fängt man an zu graben, und zwar genau dort, wo man steht, kommen die Geschichten von Widerstehen und Mitmachen, Anpassen, Durchhalten oder Weggehen, Liebe und Trauer zum Vorschein. All das gehört heute zu einem Gefühl von Herkunft und Heimat, das oft noch mit Tabus und (Ver)Schweigen einhergeht. Über die tatsächlichen individuellen Entscheidungsspielräume in der DDR wird heute aus unterschiedlichen Gründen viel zu wenig gesprochen: Scham, Sorge, Wut und Enttäuschung der Menschen mögen zu diesem Schweigen beitragen, aber auch die Erfahrungen der Zeit nach 1990 haben noch einmal den Blick auf die DDR verändert. Zwar hörte die DDR am 3. Oktober 1990 auf zu existieren, die Menschen in Südthüringen blieben aber dieselben: mit ihren Erfahrungen, Hoffnungen und Erwartungen. In dieser post-sozialistischen Gesellschaft beeinflussen die Erfahrungen nach 1990 genauso das Bild der DDR, wie die nun mittlerweile durch Erzählungen in die nächste Generation weitergegebenen Erinnerungen an die DDR. Hier muss die Beschäftigung mit der Erinnerung beginnen.
Um eine langfristige Perspektive für das Bildungsprojekt in der Region zu schaffen, ist die Vernetzung mit den bereits vor Ort existierenden Trägern historischer, kultureller und politischer Bildungsarbeit in Südthüringen sehr wichtig. Daher wird im ersten Projektschritt der Kontakt zu lokalen und regionalen Akteuren der außerschulischen Bildung in Südthüringen (Museen, Heimatstuben, Gedenkstätten, Archive, Theater, Vereine, Kreisheimatpfleger, Ortschronisten usw.) aufgenommen und vertieft. Später werden gemeinsam mit diesen Kooperationspartnern und einer Expertengruppe thematische Bildungsmodule entwickelt, erprobt und idealerweise in das Bildungsangebot der jeweiligen Einrichtung integriert. Dabei ist es entscheidend auf die Besonderheiten der Region und im Lokalen einzugehen: Bildungsarbeit im ländlichen Raum fordert andere Themen und Ansätze, möglicherweise auch andere Formate als in der Stadt. Auch die Besonderheit der südthüringischen Region, nämlich 400 Kilometer innerdeutsche Grenze und ein starkes Band nach Franken in Bayern und nach Hessen spielt bei der Entwicklung außerschulischer historisch-politischer und kultureller Bildungsangebote eine große Rolle.
Das Projekt hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2023. Nach Ablauf des Förderzeitraums wird eine Verstetigung und Professionalisierung der Arbeit angestrebt, beispielsweise durch die dauerhafte institutionelle Etablierung einer wissenschaftlichen Koordinierungsstelle im Netzwerk der südthüringischen Erinnerungslandschaft ab 2024.
Das Projekt hat zwei Mitarbeitende: Uta Beier und Stefan Winzer. Uta Beier ist zuständig für das Finanzmanagement und die Kommunikation mit den Fördermittelgebern. Sie hat langjährige Erfahrungen im Projekt- und Finanzmanagement. Sie betreut das Projekt aus der Geschäftsstelle des Heimatbund Thüringen e. V. in Bad Berka. Stefan Winzer ist zuständig für die Koordinierung und Durchführung des Projektes. Er hat langjährige Erfahrungen in der Entwicklung von Bildungsformaten für junge Menschen. Er organisiert die vielfältige Arbeit aus dem Büro des Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Suhl.
Projektidee: Dr. Peter Wurschi, Dr. Burkhardt Kolbmüller
Projektmanagement: Uta Beier, Stefan Winzer, Dr. Anke Geier (ThLA)
Recherche und Entwicklung der Bildungsmodule: Stefan Winzer mit Unterstützung der Kooperationspartner und einer Expertengruppe